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Neues aus den Zipfelwerken: Folge 3

Neues aus den Zipfelwerken

Achtung, Realsatire! Mit unserer Web-Doku-Soap über ein fiktives Unternehmen erinnern wir uns selbst immer wieder daran, dass Kunden ebenso wie Berater auch nur Menschen sind. Jegliche Ähnlichkeit mit lebenden Personen ist daher zufällig, jedoch keineswegs ausgeschlossen.

„Herr Schmidt?“ Marianne Wimmer steckte den Kopf durch die Tür des Personalleiters. „Äh, Herbert ist jetzt da.“

„Schicken Sie ihn rein, Marianne, dankeschön.“ Stefan Schmidt konnte den Blick nicht deuten, den Marianne Wimmer ihm zuwarf – irgendetwas wollte sie ihm wohl andeuten. Egal.

Und dann war er perplex. War das wirklich Herbert? Im Sakko und mit modischer Krawatte stand er da und wartete auf eine einladende Geste, Platz nehmen zu dürfen. Dass er derweil seine Krawatte zwischen die Finger seiner linken Hand flocht, wies ihn dann aber doch als Herbert aus.

„Ähm, setzen Sie sich doch, Herbert.“ Stefan Schmidt fing sich schnell und ging zur Routine über. „Ich habe Sie um dieses Gespräch gebeten, weil es an der Zeit ist, über Ihre Zukunft hier in den Zipfelwerken zu sprechen. Was würden Sie davon halten, Produktmanager zu werden?“

„Genau, das habe ich vor, Herr Schmidt“, kam Herberts verlegene Antwort. „Herr Männlein war so nett, mich auf ein Seminar nach Berlin zu schicken, da habe ich sehr viel über Produktmanagement in der Medizintechnik gelernt. Außerdem habe ich andere kennen gelernt, die ebenfalls Produktmanager sind. Der Beruf gefällt mir außerordentlich gut. Das Thema ist auch bei anderen Unternehmen gerade aktuell.“

Stefan Schmidt war sprachlos. Er hatte Herbert all die Jahre niemals so viel reden gehört – manchmal hatte er sogar Schwierigkeiten, sich Herberts Stimme auch nur vorzustellen, weil jener stets einsilbig antwortete. „A-Aber, das ist ja famos, Herbert, ich freue mich über Ihr Interesse. Wann könnten Sie denn Ihre neue Stelle als Produktmanager antreten?“

„Am übernächsten Ersten, Herr Schmidt, ich habe noch etwas Resturlaub. Ich, äh, bedaure, Ihnen hiermit meine Kündigung mitzuteilen.“

***

„Er geht wohin?“ Walter Zipfelhuber lief puterrot an. „Orthopädie-Erpel ist doch wohl kein Vergleich mit einem Job bei den Zipfelwerken! Hast du ihm ein höheres Gehalt angeboten, Stefan?“

„Das und die Jahreskarte, um die er seit langem gebeten hat“, seufzte Stefan Schmidt. „Zwecklos, bei Orthopädie-Erpel bekommt er als Produktmanager fast fünfzehntausend mehr im Jahr. Aber ihm ging’s gar nicht ums Geld, sagte er, er wollte eine Perspektive.“

„Häh? Aber die hat er doch hier auch gehabt: er hätte vorletztes Jahr schon als Teamleiter die Piezo übernehmen können. Hat bloß nie die blöden Planungen abgeliefert.“

„Tja, er habe keine Richtung in unserer Entwicklung gesehen, meinte er, und die Stimmung unten war wohl ziemlich besch…, `tschuldigung, schlecht.“

***

„Herr Zipfelhuber?“

„Jetzt nicht, Jasmin!“

„Herr Zipfelhuber, entschuldigen Sie bitte die Störung, aber es ist wirklich dringend.“

„Was denn? Sehen Sie nicht, dass ich hier gerade im Gespräch bin?“

„Herr Zipfelhuber, Frau Dulac von Bellesanté ist in der Leitung. Es geht um den e-Zipfel.“

„Wer? Moment, sagten Sie Bellesanté? Die Healthcare-Spezialisten aus Genf? Und wer ist Frau Dulac?“

Ach, vermutlich ist das die Neue in der Unternehmensleitung, dachte Walter Zipfelhuber ungeduldig. Gab es etwa schon wieder Probleme mit den Stellmotoren für die OP-Tische? Volker hat gar nichts erwähnt …

„Und wieso stellen Sie Frau Dulac dann nicht direkt zu Herrn Männlein durch?“

„Äh, sie sagt, es gehe um eine neue strategische Partnerschaft. Deswegen will sie auf der Messe unbedingt noch einen Termin mit Ihnen persönlich vereinbaren.“

„Na, dann stellen Sie die Dame doch endlich durch!“ Walter Zipfelhuber schob seinen Personalleiter zur Tür hinaus und betätigte die rot blinkende Freisprechtaste seines Telefons.

„Zipfelhuber? Ah, Frau Dulac, Sie … Executive Vice President Marketing, ich verstehe, und Sie haben …, ich schätze unsere langjährige gute Zusammenarbeit ebenfalls sehr, wie bitte? … Entwicklungspartnerschaft für ein neues Geschäftsfeld? … ah, selbstverständlich, der e-Zipfel, genau, und Sie planen … Und wie stellen Sie sich das … 100 Millionen Euro Umsatz? Nein, kein Problem, wir … oh ja, das ist ja gerade unsere Kernkompetenz! Ich … ja, gerne lassen Sie uns alles Weitere auf der Messe besprechen. Wir könnten Essen gehen, ich kenne da ein … Aber sicher, sehr liebenswürdig, ganz meinerseits, Frau Dulac, auf bald.“

Walter Zipfelhuber saß wie vom Donner gerührt an seinem Schreibtisch. Wie um alles in der Welt bringen wir bis zur Messe den e-Zipfel zum Laufen?

Bild: Didier Duforest, Flickr (CC)

/* Original-Code Post Header Metadata
Datum: Mrz 03Autor: Quiridium
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